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Über unsUnsere Prämissen

Der Mythos vom Ende der Welt ist eine echte Erfolgsgeschichte. Schon in der Bibel finden sich düstere Bilder des bevorstehenden Weltuntergangs. Die Offenbarung des Johannes, besser bekannt als Johannes-Apokalypse, prophezeit die Auslöschung allen Lebens. Gegenwärtige Endzeit-Szenarien etwa in der Klimaschutzbewegung oder im Zuge der Corona-Krise zeigen, dass solche Vorstellungen an Aktualität nicht eingebüßt haben. Die Menschheit ohne Zukunft ist ein über Epochen und Kulturen hinweg tradiertes Motiv. CAPAS versteht Apokalypsen daher nicht nur als eine der grundlegendsten Denkfiguren, sondern auch als eine wiederkehrende und empirisch fundierte Erfahrung der Menschheitsgeschichte.

APOKALYPSE ALS OFFENBARUNG

Apokalypsen sind durch radikale Veränderungen der Lebensbedingungen gekennzeichnet, die grundlegende Reformen nach sich ziehen. Das zugrundeliegende Wort apokalypsis heißt im Griechischen „Enthüllung, Offenbarung“. Der apokalyptische Untergang einer Welt zeigt den wahren Sinn und die Bestimmung dieser Welt. In einer Apokalypse nehmen die destruktiven Kräfte, die wir in der realen Welt beobachten können, eine selbstzerstörerische Form an, die von Beginn an in ihr angelegt ist. Apokalypsen sind also keine von außen über uns hereinbrechenden Katastrophen, die zu einer allgemeinen, sinnlosen Zerstörung führen. Das apokalyptische Ende einer Welt offenbart vielmehr, dass diese von Anfang an dem Untergang geweiht war. Somit hat die Apokalypse als Denkfigur auch eine diagnostische Funktion: Sie ermöglicht eine kritische Sicht auf die Welt, die Natur und den Platz des Menschen in ihr sowie die Herausforderungen, die sich angesichts eines Systemkollapses und möglicher Zukunftsszenarien stellen.

DAS LEBEN GEHT WEITER

Eine Apokalypse bedeutet nicht das absolute Ende aller Dinge, der Menschen oder der Natur. Vielmehr ist sie der Beginn einer utopischen oder dystopischen postapokalyptischen Welt, die sich nach dem vorangegangenen Untergang neu konstituiert. Dieser Begriff der Apokalypse erklärt die aus der jüdisch-christlichen Tradition stammenden Apokalypsen und Postapokalypsen, ist aber nicht auf sie beschränkt: Jedes Ende einer Welt, das eine mehr oder weniger radikale Veränderung der Lebensbedingungen impliziert, kann als eine apokalyptische Offenbarung erlebt werden, die die Zukunft gestaltet. Analysen zu Reaktionen auf und Visionen von den Folgen von Katastrophen als postapokalyptische Szenarien sind wesentlicher Bestandteil des Forschungsprogramms von CAPAS.

TOTAL APOCALYPSE

Das Ende der Welt als Denkfigur und Erfahrung beschränkt sich nicht auf globale Dimensionen – wie im Fall der Erderwärmung oder von COVID-19 – oder gar auf kosmisches Ausmaß, etwa den Zusammenbruch des Universums. Eine Apokalypse kann sich auch in kleinerem Maßstab entfalten: regional, gesellschaftlich oder auch individuell wie bei einer schweren Erkrankung. Sie kann allumfassend sein oder sich auf bestimmte Felder fokussieren, etwa die Ökologie, die Wirtschaft oder auch die Religion. CAPAS erarbeitet eine differenzierte Beschreibung von Systemveränderungen in Gesellschaften, Individuen und ihren jeweiligen Umwelten, die den verschiedenen Dimensionen Rechnung trägt.

UNSER ANSATZ

Wir können potenzielle katastrophale Veränderungen empirisch beobachten und beschreiben, doch um ihre kulturelle Einbettung und die kulturelle Prägung menschlicher Erfahrung zu verstehen, braucht es das breite Spektrum geisteswissenschaftlicher Ansätze. Neben empirisch basierten Natur- und Sozialwissenschaften nutzt CAPAS das Potenzial interpretativ-humanistischer Ansätze, um die menschlichen Vorstellungen und Erfahrungen von Apokalypsen und postapokalyptischen Welten umfassend zu rekonstruieren und zu analysieren. Die Geisteswissenschaften erlauben es dabei, mögliche Zukünfte zu erforschen und zu hinterfragen, die der Prognosefähigkeit rein empirisch arbeitender Wissenschaften verschlossen bleiben.

Da Endzeit-Szenarien und ihre Folgen häufig globale Dimensionen haben und apokalyptische Imaginarien durch starke transkulturelle Prozesse gekennzeichnet sind, baut unsere Forschung auf den intellektuellen Ressourcen der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft auf. Hierzu beruft CAPAS Fellows aus aller Welt und kooperiert mit innovativen Forschungszentren und Universitäten weltweit.